Reproduktionsmedizin
Ein gutes Management einer Zuchtstute hat entscheidende Bedeutung für die Fruchtbarkeit. Hierbei ist ein Zusammenspiel von Hengsthalter, Züchter und Veterinär wichtig.
Faktoren, die eine Rolle spielen, sind z. B. Erblichkeit, Umwelteinflüsse (Fütterung, Haltung, Krankheit, Pflege, Hygiene, Sozialkontakt) und das Besamungsmanagement.
Je nach Alter und bisherigem Einsatz der Zuchtstute sind TG oder FS empfehlenswert, auch der Natursprung wird noch manchmal eingesetzt.
Das günstigste Abfohlergebnis erzielen Stuten mit 7 oder 8 Jahren. Ab einem Alter von 15 Jahren ist die Fruchtbarkeit bei Stuten deutlich herabgesetzt, parallel verlängert sich die Tragzeit. Auch die Resorptionsrate steigt. Züchterische und medizinische Maßnahmen können die reduzierte Fruchtbarkeit jedoch zumindest „auf Zeit“ kompensieren.
Medizinische Faktoren, die zur Verbesserung der Fruchtbarkeit beeinflusst werden können:
- Zykluskotrolle mit Ultraschall vor und nach der Besamung
- Vaginale Kontrolle (Muttermund)
- Tupferprobe der Gebärmutterschleimhaut auf Keime (Bakterien, Pilze) inkl. Resistenztest
- Besamungsmanagement (Besamungsintervall, Frisch- oder TG-Samen)
- Zystenentfernung (manuell oder endoskopisch)
- Kontrolle der Stuteneigenen Zyklushormone > Mangel/Überschuss?
- Schamschluss, -stellung > Scheidenplastik
- Biopsie (Vernarbungen, Entzündungen der Gebärmutterschleimhaut)
- endoskopische Übersicht Gebärmutter
Embryotransfer (ET)
Unter ET versteht man die Gewinnung von Embryonen an Tag 6-9 nach der Besamung einer Spenderstute und die anschließende Übertragung des Embryos auf eine Empfängerstute, die sowohl Trächtigkeit als auch Aufzucht übernimmt. Diese Empfängerstute kann vom Züchter gestellt werden, von uns vermittelt werden oder sie kommt aus Belgien oder Holland aus einer Empfängerstutenherde eines renommierten ET-Zentrums. Hierzu wird der Embryo im Tages- oder Nachtexpress von uns versendet.
Vorteile des ETs:
- züchterisch wertvolle Stuten können mehr als ein Fohlen pro Jahr bekommen
- Sportstuten können gleichzeitig für die Zucht genutzt werden
- Stuten mit Erkrankungen (orthopädisch, Resorptionen, Aborte) können weiter in der Zucht genutzt werden.
Wichtigste Voraussetzungen des ETs sind Fruchtbarkeit von Spenderstute bzw. Hengst und der Empfängerstute sowie die optimale Vorbereitung des inneren und äußeren Genitales.
Die Synchronisation von Spender- und Empfängerstute ist einer der Knackpunkte des Embryotransfers, weshalb eine gewisse Vorbereitungszeit vor der Besamung der Spenderstute notwendig ist, damit der ET auch erfolgreich sein wird!
Wichtig: Die Empfängerstute hat keinen Einfluss auf die Gene und damit auch auf die Größe des Fohlens. Damit es aber nicht zu Geburtsproblemen kommt, sollte aber auf eine ähnliche Größe von Spender- und Empfängerstute geachtet werden.
(Bitte beachten Sie, dass KEROS die Leihgebühr der Empfängerstuten angepasst hat. Die Leihgebühr beträgt fortan 3200,00€ + 21% MwSt ohne Versicherung)
Zwillingsmanagement
Falls Ihre Stute bei unserer gynäkologischen Betreuung und Besamung eine Doppelovulation (Eisprung) aufweisen sollte, werden wir Sie schriftlich oder mündlich darauf hinweisen, damit wir oder Ihr Haustierarzt einen besonders frühen Termin für die Trächtigkeitsuntersuchung Ihrer Stute vereinbaren können. Bei diesem frühen Kontrolltermin (14. Oder 15. Tag nach Eisprung) wird bei einer Zwillingsträchtigkeit sofort ein Zwilling manuell „abgedrückt“, welches bei uns Überlebensaussichten von über 95 % für den anderen Zwilling bedeutet.
Wird dieser Zeitpunkt überschritten, können wir mit guten Erfolgsquoten noch einmal eine Zwillingsreduktion um den 30. Tag der Trächtigkeit anbieten. Hierbei handelt es sich um die „transvaginale Zwillingspunktion“.
Zystenentfernung
Im Alter entwickelt die Stute oftmals eine Vielzahl von Zysten aus der Gebärmutterschleimhaut. Nimmt die Anzahl oder die Größe überhand, können sie zu Fruchtbarkeitsproblemen führen. Eine transvaginale endoskopische Entfernung mittels Hochfrequenz (HF) Chirurgie ist möglich und anzuraten, um eine gesunde Umgebung für die Einnistung des Embryos zu schaffen.
Ovum-Pick-Up
Seit September 2019 in unserem Hause möglich, in Zusammenarbeit mit Prof. Galli (Avantea) aus Italien!
Was in unseren westlichen Nachbarländern schon seit einigen Jahren als neuer Weg für den Zuchtfortschritt in aller Munde ist und auch praktiziert wird, ist in Deutschland noch relatives Neuland. Die Rede ist vom OPU (Ovum-Pick-UP oder Eizellentnahme) und dem darauf folgenden ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion).
Beim OPU werden Oocyten (Eizellen) unter Ultraschallkontrolle durch eine transvaginale Punktion direkt von den sich auf den Eierstöcken befindenden Follikeln entnommen. Hierzu gibt es eine spezielle Vorrichtung, bestehend aus Punktionsnadel und Ultraschallsonde, die in die Vagina der tief sedierten Stute eingeführt wird. Ziel ist es, die Follikelflüssigkeit mit der enthaltenen Eizelle abzusaugen. So gewonnene Eizellen werden unter dem Mikroskop unter strengen Hygienevorschriften gesucht, gewaschen und für den Transport ins Ausland vorbereitet. Denn der einzige europäische Experte mit langjähriger Erfahrung im Bereich des Klonens und der Reagenzglasbefruchtung (ICSI) ist Prof. Cesare Galli aus Italien und sein Laborteam der Firma Avantea (www.avantea.it). In diesem italienischen Labor wurde 2003 das weltweit erste Pferd geklont und hier wird auch das eigentliche ICSI, d. h. die Befruchtung der Eizellen, durchgeführt.
Das Ovum-Pick-Up ist ganzjährig durchführbar. Die Hauptsaison liegt aber in den Herbst- und Wintermonaten, denn die wichtigste Voraussetzung, die eine Spenderstute mitbringen muss, ist eine möglichst große Anzahl an Follikeln (mind. 12-15 Stück) ab einer Größe von > 1 cm Durchmesser. Außerdem sollte die Stute nicht rossig sein. Diese Ausgangslage bietet sich oft in den Übergangsphasen von einer zyklusaktiven Stute (Frühjahr/Sommer) zu einer nicht zyklischen Stute (Herbst/Winter) und das gleiche noch einmal im Frühjahr, bevor der Rossezyklus wieder einsetzt.
Aus diesen kleinen Follikeln werden unreife Eizellen gewonnen, die in Italien in einem Brutschrank über 2-3 Tage heranreifen. Nur die gereiften Eizellen können befruchtet werden. Die Befruchtung geschieht mithilfe eines Mikromanipulators. Dies ist ein spezielles Zusatzinstrument zum Mikroskop, welches mit feinsten Werkzeugen ausgestattet ist, mit denen man in der Lage ist mit sehr kleinen Durchmessern (Eizellen liegen im Mikrometer Bereich) zu arbeiten.
Nur ein einzelnes Spermium wird nach der Heranreifung für die Befruchtung einer Eizelle benötigt. Dieses Spermium wird mit Hilfe einer sehr feinen Nadel direkt in die Eizelle injiziert (ICSI). In Italien wird dafür eine TG-Paillette ihres Wunschhengstes benötigt. Aufgrund des niedrigen Spermaverbrauchs kann eine Paillette je nach Hengst für 5-7 OPU/ICSI-Sitzungen genutzt werden. Eine so befruchtete Eizelle entwickelt sich in einem Zeitraum von einer Woche im Brutschrank zu einem Embryo, der direkt in eine Empfängerstute übertragen werden kann. In den meisten Fällen wird er allerdings tiefgefroren und steht damit zum Versand (Tierarzt/Empfängerstutenherde) und/oder Verkauf zur Verfügung.
Für welche Stuten ist OPU/ICSI sinnvoll?
- Stuten mit eingeschränkter Fruchtbarkeit, z. B. durch Eileiterveränderungen, therapieresistenter Gebärmutterentzündung oder Gebärmuttertumoren
- ältere Stuten oder Stuten mit orthopädischen Problemen, die kein eigenes Fohlen mehr austragen sollen oder können
- Zyklusprobleme mit Störungen beim Eisprung
- Sportstuten
- Stuten mit hohem genetischen Potential (mehrere Fohlen möglich)
- Stuten, bei denen Embryotransfer nicht erfolgreich war
Alle 3-4 Wochen kann das OPU/ICSI Verfahren in der Regel wiederholt werden. Die Fruchtbarkeit der Stute wird für die Zukunft dadurch nicht negativ beeinflusst, da in diesem Verfahren die Gebärmutter nicht involviert ist. Dennoch ist OPU, durch die Punktion von Scheide und Eierstöcken, ein invasiver Eingriff, der nicht ganz ohne Risiken ist. Sehr selten kann es zu Komplikationen wie Fieber, Blutungen, Schock, Darmverletzungen oder Peritonitis kommen. Einige Stuten zeigen auch während des Eingriffs eine stärkere Schmerzempfindlichkeit als andere. Zur Reduzierung dieser Risiken erhält die Stute am Tag des Eingriffs und danach für einige Tage Medikamente.
Um OPU durchführen zu können, müssen am Tag der Anlieferung der Stute die negativen Ergebnisse von zwei CEM Tupferproben von der Fossa Clitoridis und einem Sammeltupfer aus dem Sinus Clitoridis Lateral und Medial (gekühlt und im Kohlemedium, untersucht im PCR-Verfahren) sowie einer Coggins Blutprobe, durchgeführt vom Labor Dr. Böse, vorliegen. Ebenso benötigen wir eine Tierzuchtbescheinigung zu jeder Stute.
Die Vorteile, welche dieses Verfahren ermöglicht, sind eine Unabhängigkeit vom Zyklus der Stute sowie vom Frischsamenversand des Hengstes. Auch der Zyklus der Empfängerstute ist nicht entscheidend, denn der gefrorene Embryo kann eingesetzt werden, wenn die Empfängerstute im nächsten Frühjahr so weit ist. Die Anwachsraten dieser gefrorenen Embryonen nach dem Transfer in der Empfängerstute sind sehr gut. Wie bereits erwähnt werden nur wenige Spermien benötigt, wodurch Hengste eingesetzt werden können, von denen nur noch wenig Samen verfügbar ist oder die gar nicht mehr leben.
Abfohlsysteme
Es gibt unterschiedliche Systeme, die auf die Geburt einer Stute hinweisen, bzw. diese direkt anzeigen.
Wir arbeiten in unserer Klinik und auch in den meisten Zuchtställen der Umgebung mit dem „Jan-Wolters-Abfohlsystem“. Dieses bieten wir auch im Verleih, für die Abfohlung Ihrer Stute zu Hause im Stall, an.
Weitere Systeme, die es auf dem Markt gibt:
- Bauchgurt
(Schwitzen und/oder Seitenlage wird angezeigt) - Test des Calciumgehalts der Milch
- Kamera im Stall